Kommunalpolitiker in Deutschland wollen sich gegen Angriffe wappnen

„Dies ist eine Flucht, um meine Familie und mein Amt zu schützen“, erklärt Arnd Focke, heute ehemaliger Bürgermeister des kleinen Dorfes Estorf in Norddeutschland, seinen Rücktritt Ende letzten Jahres. Die Anschuldigungen, Drohbriefe und Hakenkreuzbilder, die immer wieder in seinem Auto auftauchen, will er nicht mehr ertragen. Ein anderer deutscher Bürgermeister wollte sich jedoch aktiv gegen Angriffe wehren und verlangte einen Waffenschein.

„Damit ich vor rechten Attentätern nicht wehrlos werde“, sagte er einer von ihnen, der Bürgermeister von Nordrhein-Westfalen. Ursprünglich wollte er anonym bleiben, Podle listu Süddeutsche Zeitung aber er ist ein Sozialdemokrat Christoph Landscheidt.

Seine Geschichte erinnert an den tragischen Fall von Walter Lübcke, einem hochrangigen Beamten in Kassel. Im Juni wurde er in seinem Haus erschossen. Die Polizei vermutet einen Rechtsextremen, er soll Lübcke wegen seiner Ansichten zur Migration angreifen. Die Behörden von Landscheidt lehnten die Erfordernis eines Waffenscheins ab, Politiker verteidigten die Entscheidung vor einem Verwaltungsgericht in Düsseldorf.

Das Thema Bewaffnung von Politikern ist damit in die Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit gerückt. Die CDU-Regierungschefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer lehnte es als Lösung für die Angst der Politiker vor Gewalt ab. „Das ist nicht der richtige Weg“ er sagte den Medien. Seiner Meinung nach sollte der Staat seine Vertreter besser schützen.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums bearbeiteten die Behörden im vergangenen Jahr mehr als 1.200 Fälle von politisch motivierten Straftaten, die meisten davon mit rechtsextremem Hintergrund.

Auch Vertreter der Sozialdemokratischen Koalition (SPD) stimmten dem Vorsitzenden der Konservativen Partei zu. „Es ist erschreckend, wie viel Hass und Bedrohungen diese Menschen erfahren. Aber es darf nicht passieren, dass jeder seine eigenen Waffen einsetzt“, sagte Finanzministerin Christina Lambrecht. Als Reaktion auf die Situation hatte Deutschland zuvor beschlossen, die Staatsanwaltschaft von der Bearbeitung ähnlicher Fälle auszuschließen. Die Polizei stellte auch Spezialisten für Angriffe auf Politiker.

Flüchtlinge und Ökologie

Laut einer Umfrage unter mehr als tausend Bürgermeistern, der im vergangenen Jahr die öffentlich-rechtliche Fernsehshow ARD Report München moderierte, haben mehr als 40 Prozent der deutschen Bürgermeister Erfahrung mit Hassnachrichten, Einschüchterungsversuchen und anderen Angriffen. Die Fälle betreffen jede zwölfte Stadt, und die Zahl der Angriffe ist in den letzten zwei Jahren um ein Viertel gestiegen.

Der Deutsche Städtebund warnt davor, dass Angriffe auf Kommunalpolitiker ein weit verbreitetes Problem werden. „Seit 2015 ist deren Zahl deutlich gestiegen, vor allem in der Flüchtlingshilfe“, sagt Marc Elxnat, Mitarbeiter des Vereins. Ein weiteres Thema, das den Angriff provoziert habe, sei ihm zufolge die Förderung erneuerbarer Energien gewesen.

Landscheidt unternahm eine Suche nach Extremisten, nachdem in seinem Dorf ein Plakat der kleinen Rechtspartei Die Rechte (R) entfernt worden war. „Wir hängen nicht nur Poster auf“, sagte einer von ihnen. Als nächstes veröffentlichte jemand seine Adresse, Telefonnummer und den genauen Standort seines Büros, und die Extremisten versprachen, „vorbeizukommen“.

Auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker drohte, die Flüchtlinge zu unterstützen. Er überlebte vor fünf Jahren nur knapp ein Attentat. Zwei Jahre später verletzte jemand den Bürgermeister des Dorfes Alten in Westdeutschland, Andreas Hollstein, mit einem Messer.

In acht Prozent aller Kommunen deutschlandweit wurden dem Münchner Bericht zufolge Bürgermeister tätlich angegriffen.

Dass es nicht nur die Angst vor Gewalt ist, zeigt beispielsweise der Fall Martina Angermann, Bürgermeisterin von Arnsdorf in der DDR. Der Politiker ging im vergangenen Herbst nach 18 Jahren im Amt vorzeitig in den Ruhestand. „Er hat ihn monatelang beschimpft, bedroht und versucht, ihn einzuschüchtern. Sie hätten ihn ‚konfrontieren‘ sollen“, beschrieb einer der Chefs der sächsischen Sozialdemokratie, wo er Politiker ist, die Situation.

Arnsdorf und Angermann sind den Deutschen vor drei Jahren bekannt geworden. Damals habe eine Gruppe von vier Einheimischen „die Gerechtigkeit selbst in die Hand genommen“ und ihn an einen Baum psychisch kranker Asylbewerber aus dem Irak gefesselt. Angermann hat die Tat wiederholt verurteilt und wurde deswegen zum Ziel von Angriffen, einschließlich Mord. Der Prozess gegen die Täter war zwischen hängt davon ab.

„Dies könnte dazu führen, dass immer weniger Bürgermeister kandidieren“, sagte er besorgt über die Langzeitfolgen des Angriffs auf Elxnat des Deutschen Städtetags.

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Adelmar Fabian

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