Insider der deutschen Autoindustrie haben erklärt, warum Volkswagen seinen Chef plötzlich losgeworden ist

Insider der deutschen Autoindustrie haben erklärt, warum Volkswagen seinen Chef plötzlich losgeworden ist

25.07.2022 | Peter Müller

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Foto: Axel Schmidt, Reuters

Der Abgang von Herbert Diess als Chef des VW-Konzerns wurde von einigen als überraschend bezeichnet, weil er plötzlich und verfrüht war, aber die Überraschung endete dort. Diess habe seine Hauptaufgabe nicht mit einer Hand erledigt, und seine Ein-Karten-Wette habe ihm wirklich das Genick gebrochen, sagte Thomas Koch.

Am vergangenen Wochenende wurde die Autowelt von der Nachricht über den Abgang von Herbert Diess erschüttert, was direkt aus der Führung des VW-Konzerns zu sagen war. Manche nennen es überraschend, aber für uns ist es ein ziemlich logisches Ergebnis der Schritte, die Diess in den letzten Jahren gegangen ist. Sein Handeln wird nicht mehr von kaltem Geschäftskalkül geleitet, sondern von einer Art Ideologie, die nicht nur eine problematische Zukunftsstrategie, sondern auch die Säuberung der aktuellen Position zur Folge hat. Man darf nicht vergessen, dass sich der VW-Konzern während der Diess-Zeit aus dem jahrzehntelang erkämpften Rennen um die Weltrangliste der Autohersteller eigentlich zurückgezogen hat.

Wir haben die Situation aus unserer Sicht beschrieben, jetzt geben wir die Grundlagen an Professor Thomas Koch, Deutschlands führenden Automobilexperten, Direktor des Instituts für Technologie in Karlsruhe und Vorsitzender der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Fahrzeugbautechnik und -maschinen. Er ist fast täglich mit Leuten aus der Praxis in Kontakt und wird von Kollegen von Focus Deutschland interviewt. Auch die Wette von Diess auf eine einzelne Karte, die unter anderem zu einem Positionsverlust von Golf oder dem massiven Absturz von VW in China führte, sei ein Fehler gewesen, den er nicht ertragen könne. Sein Nachfolger in Form von Oliver Blume soll anders denken.

„Es ist aus meiner Sicht der logische letzte Schritt in einer Entwicklung, die seit vielen Jahren in die falsche Richtung geht. Dieser Schritt kommt keineswegs überraschend und wurde von vielen erwartet“, sagte Professor Koch zur aktuellen Situation und unterstrich nur die Worte, die wir zu ihm gesagt haben. Er habe es gewagt, die Elektromobilität enthusiastisch voranzutreiben und versucht, eine eigene Software zu entwickeln, aber beides übertrieben und ihm das Genick gebrochen.

„Leider hat er einige Fehlentscheidungen getroffen“, so Professor Koch weiter. Seiner Meinung nach kann sich Diess nicht der Verantwortung für das Scheitern der Markteinführung des neuen Golf entziehen, der immer noch das wichtigste Modell des Unternehmens ist. Er war nicht der Einzige mit undenkbaren Qualitätsproblemen in der Ära Winterkorn. Volkswagen räumt damit laut Koch Korea unnötig Raum ein, problematisch ist aber auch der Rückgang des Marktanteils in China auf rund 11 Prozent. Er verlor in den Diess-Jahren jährlich fast eine Million Käufer.

„Die schwerwiegendste Fehlentscheidung ist aus meiner Sicht die Fahrstrategie, die man als ‚nur Elektroautos‘ bezeichnen kann“, sagte einer der größten deutschen Autoexperten. Elektromobilitätsverrückte Konkurrenten distanzieren sich seiner Meinung nach gewissermaßen von der einzigen Straße und fordern eine Art Plan B. „Volkswagen hat unter der Führung von Diess als Deutschlands größtem Autobauer den Kern seines Autogeschäfts geopfert, nämlich bezahlbar Autos. mit großer Reichweite für die breite Masse, Elektromobilität. Was für eine Premiummarke wie Audi noch funktionieren könnte, ist meiner Meinung nach für Volkswagen einfach nicht möglich“, ergänzte der deutsche Professor.

„Letztendlich ist dies eine politisch motivierte Entscheidung, die im Mainstream-Autosegment nicht unterstützt werden sollte. Gleichzeitig hat gerade Volkswagen in den Autogewerkschaften völlig unnötig gegen Unternehmen gekämpft, die technologische Freiheit und das Nebeneinander unterschiedlicher Antriebsarten bevorzugen“, erinnert sich Koch, als Diess seinen Realitätssinn zu verlieren begann und stattdessen auf politische Regulierung drängte der Geschäftsfreiheit. .

Koch erklärt weiter, dass Diess‘ Abgang auch ein klares Symbol für synthetischen Kraftstoff sei, den Diess auf mysteriöse Weise ablehnt. „Experten sind von dieser Haltung zumindest überrascht“, sagte Koch heute. „Im Juli 2022 betonte Herr Diess, dass CO2-neutrale Kraftstoffe nicht öffentlich verfügbar sind, obwohl Pilotbetriebe der Anlagen für ihre Produktion bescheidene Kosten von 1 bis 1,5 Euro pro Liter zeigen. Vertreter der Mineralölindustrie haben bereits 80 Cent pro Liter zugesagt. Solche alternativen Kraftstoffe sind eine gute Ergänzung zur Elektromobilität, wobei die Gesamtsystemeffizienz der beiden Technologien vergleichbar ist.“

Laut Professor Koch wird es nun interessant sein zu sehen, ob Volkswagen seinen Umgang mit elektronischen Kraftstoffen und Elektroautos im Allgemeinen offiziell neu bewertet. Der neue Vorstandsvorsitzende Oliver Blume hat sich bereits früher für den Einsatz von elektronischem Kraftstoff bei Porsche parallel zur allgemein als gangbar geltenden Elektromobilität eingesetzt. Erst bei seinem Amtsantritt Anfang September werden wir sehen, was wir von der neuen Führung des VW-Konzerns erwarten können.

Insider der deutschen Autoindustrie erklärt, warum Volkswagen seinen Chef plötzlich losgeworden ist - 1 - Herbert Diess Vorstandsvorsitzender VW 2021 01. OktoberInsider der deutschen Autoindustrie erklärt, warum Volkswagen seinen Chef plötzlich losgeworden ist - 2 - Herbert Diess Vorstandsvorsitzender VW 2021 02. Oktober
Auch Professor Koch zeigte sich weder überrascht noch enttäuscht über den plötzlichen Abgang von Herbert Diess an der Spitze des VW-Konzerns. Sie erinnert an einige ihrer Fehler, deren größter der spontane Einsatz auf die Elektromobilität und die Ablehnung aller Alternativen ist. Dies ist eine sehr riskante Strategie, insbesondere angesichts der aktuellen Mainstream-Markentrends. Daher erwarte er von der neuen Geschäftsführung ein rationaleres Vorgehen. Foto: VW

Quelle: Fokus

Peter Müller

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Reinhilde Otto

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