– Die Parteien – die sozialdemokratische SPD, die Grünen und die liberale FDP – haben sich auf die Bildung einer neuen deutschen Regierung geeinigt. Wie kann dieses Ereignis aus polnischer Perspektive betrachtet werden? Ist die neue Regierung eine Chance, die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland zu verbessern?
– Natürlich bedeutet eine neue Regierung in Deutschland eine Änderung der deutschen Politik. Es bleibt zu hoffen, dass Vertreter der neuen Koalition die bestmöglichen Beziehungen zu Polen pflegen wollen, das für Deutschland ein wichtiger Wirtschaftspartner ist.. Angela Merkel verfolgt eine Supermachtpolitik. Es kann sich herausstellen, dass Politiker der SPD oder der Grünen mehr auf einen breit verstandenen Dialog setzen werden und nicht nur auf die Bereitschaft, in Europa Karten zu geben und die deutsche Hegemonie zu etablieren. Dies ist der Fall von Willy Brandt und seinem berühmten Warschau-Besuch im Dezember 1970, als es nicht nur eine kniende Bewegung am Denkmal der Ghettohelden gab, sondern auch die Anerkennung der Grenzen an Oder und Neiße. Willy Brandt war in Deutschland seiner Zeit und seinen politischen Erwartungen voraus. Der beste Beweis dafür ist die Tatsache, dass der Bundestag den Vertrag nicht erst im Mai 1972 mit minimaler Stimmenmehrheit ratifizierte. Ich hoffe, dass Bundeskanzler Olaf Scholz diesen Weg geht und nicht Gerhard Schröder, dem wir Nord Stream II zu verdanken scheinen.
– Bedeutet die neue Regierung in Deutschland eine Änderung der aktuellen deutschen Politik?
– Die Ankündigung zeigt, dass die neue Regierung den größten Wert auf den Klimaschutz legen will. Das ist eine gute Nachricht, denn auch wir wollen das Klima schützen. Gleichzeitig fordert Polen eine sogenannte faire Transformation, nämlich eine Klimapolitik, die die Interessen und die Sicherheit der Bürger aller Länder, auch der ärmeren, berücksichtigt. Es könnte sich als einfacher erweisen, dieses Thema mit Regierungen ins Gespräch zu bringen, die größere soziale Sensibilitäten zum Ausdruck bringen, obwohl es auch Bedenken gibt, dass der gesunde Menschenverstand von pseudoökologischen Doktrinen überschattet wird, und dies wäre für niemanden, auch für uns, kein gutes Szenario.
– Wie ist das Verhältnis Polens zur neuen Regierung? Wird sich etwas ändern?
– Ich denke, wir werden die Entwicklung der Ereignisse abwarten müssen, und vor allem die tatsächliche Ernennung der neuen Regierung in Berlin. Die Zeit direkt nach der Machtübernahme ist eine Zeit, in der jeder so viel Erfolg wie möglich verzeichnen möchte. Ich denke, dass gute Beziehungen zu unserem zweitgrößten Nachbarn – und wir sind ja schließlich für Deutschland solche Nachbarn – auch den gewünschten Erfolg einschließen. Außerdem spricht Polen heute mit den Ländern der Visegrad-Gruppe, den baltischen Staaten und in vielerlei Hinsicht auch mit den Ländern der Drei-Meer-Initiative mit einer Stimme. Daher muss die Initiative auch auf unserer Seite sein. Die neue Bundesregierung muss verstehen, dass gute Beziehungen zu Polen im deutschen Interesse liegen.
– Wir wissen, dass das Außenministerium zu Grün gehen wird. Ist dies besorgniserregend? Was können Sie von ihnen erwarten?
– Deutschland hat in demokratischen Wahlen eine neue Regierung gewählt. Dies ist kein Grund zur Besorgnis, sondern ein Grund für die Politik und den aktiven Dialog. T.o aus welcher Gruppierung der neue Chef oder Chef der deutschen Diplomatie kommen wird (Berichten zufolge gehört Frau Annalena Baerbock von den Grünen dazu) bedeutet nur, dass wir den Akzent möglicherweise anders setzen, etwas andere Argumente verwenden oder sich auf andere Themen konzentrieren müssen in der Beziehung wechselseitig. Polen hat jedoch ein klares Ziel in seiner Deutschlandpolitik und daran wird sich auch nichts ändern. Wir wollen eine Partnerschaft auf Augenhöhe und das Recht, gemeinsam über die Zukunft der Europäischen Union zu entscheiden, sowie faire Wirtschaftsbeziehungen und Solidarität in Bereichen wie der Energiesicherheit. Ich bin mir sicher, dass es verständnisvoll sein wird, auch wenn es an schwierigen Themen und Gesprächen nicht mangeln wird. Dabei ist auch zu bedenken, dass die neue Bundesregierung viele interne Probleme zu lösen hat. Ich glaube nicht, dass die Priorität darin besteht, eine neue Front in den Beziehungen zu Polen zu eröffnen.
Quelle: Niezalezna.pl
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