Bis zu 50.000 Menschen, die gemeinsam für die Gräuel des Zweiten Weltkriegs verantwortlich waren, erhielten 1950 von der damaligen Bundesrepublik Deutschland eine Sonderrente für sogenannte „Kriegsopfer“. Doch unter den 4,4 Millionen Empfängern befanden sich neben den bei den Bombenangriffen verletzten Zivilisten auch SS-Angehörige, die die Vernichtungslager bewachten. Zehntausende dieser Menschen würden nach dem Gesetz von 1998 ihre Renten verlieren. Tatsächlich verloren zwischen 1998 und 2013 nur 99 Menschen ihre Renten.
Berlin/Jerusalem – Zehntausende deutsche Staatsbürger, die möglicherweise in Nazi-Kriegsverbrechen verwickelt sind, haben trotz der vor fast 20 Jahren beschlossenen Änderungen offenbar besondere Invalidenrenten erhalten. Dies folgt auf einen offiziellen Bericht, der laut der Nachrichtenagentur AP am Dienstag stillschweigend auf der Website des Bundesarbeitsministeriums veröffentlicht wurde.
Die Ergebnisse schockierten das Simon Wiesenthal Center, eine internationale jüdische Menschenrechtsorganisation, die nach dem berüchtigten „Nazi-Jäger“ benannt ist, der sich dafür einsetzte, Nazi-Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen.
Eine im Jahr 1998 verabschiedete Gesetzesänderung sah, wie ursprünglich erwartet, vor, 50.000 Personen, die für „Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder die Rechtsstaatlichkeit“ verantwortlich waren, die Renten zu entziehen. Laut Kontrollkontrollen für den Zeitraum 1998 bis 2013 verloren jedoch nur 99 Personen ihre Rentengelder.
Laut einem Bericht des Arbeitsministeriums ist die geringe Zahl auf eine Kombination mehrerer Probleme zurückzuführen. Aufgrund der fehlenden Digitalisierung wichtiger Dokumente und rechtlicher Schwierigkeiten hat sich allein die Prüfung von Zehntausenden Fällen als kompliziert erwiesen. Gleichzeitig räumt der Bericht aber auch ein, dass mitunter auch mangelndes Interesse an der Durchsetzung von Sanktionen schuld sei.
„Die Ergebnisse sind sehr enttäuschend“, sagte Efraim Zuroff, Direktor des Wiesenthal Centers in Jerusalem. „In meinen schlimmsten Albträumen hätte ich nie gedacht, dass die Zahlen so niedrig sein würden“, fügte er hinzu.
Das Arbeitsministerium teilte der AP mit, dass aus dem Bericht hervorgehe, dass die Erwartungen aus dem Jahr 1998 „definitiv nicht erfüllt“ worden seien, Rentenkürzungen jedoch „auch in der Zukunft möglich“ seien.
Im Jahr 1950 genehmigte die Bundesrepublik Deutschland Sonderrenten für sogenannte „Kriegsopfer“. Damals erhielten rund 4,4 Millionen Menschen die Zahlungen. Zu den Empfängern gehörten Zivilisten, die bei alliierten Bombenangriffen verletzt wurden, sowie SS-Angehörige, die Vernichtungslager bewachten. Auch die Witwe eines der Holocaust-Vordenker und ehemaligen Reichsprotektor Reinhard Heydrich erhielt Unterstützung.
Im Jahr 1998 bezogen noch etwa 940.000 Bundesbürger Leistungen. Analysten des Arbeitsministeriums stellten fest, dass es allein in acht Bundesstaaten 23.501 ehemalige SS-Angehörige gab. Gleichzeitig gab es Ärger darüber, dass mutmaßliche Kriegsverbrecher eine Entschädigung erhielten, viele ihrer Opfer jedoch nicht. Deshalb wurden damals die Regelungen dahingehend geändert, dass solche Beiträge nicht für schuldige Nazis galten.
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