Kann die Staatsanwaltschaft eine EEA zur Herausgabe von Beweismitteln erlassen? – Rechtsfall

Generalanwalt Ćapeta: Der Staatsanwalt kann eine Europäische Ermittlungsanordnung erlassen, um in einem anderen Mitgliedstaat gesammelte Beweise herauszugeben. Dies liegt vor, wenn das innerstaatliche Recht des Staatsanwalts es ihm erlaubt, in ähnlichen innerstaatlichen Fällen eine Übergabe anzuordnen. In solchen Fällen kann die Behörde, die die EEA erlässt, die Rechtmäßigkeit der Sammlung solcher Beweise im umsetzenden Mitgliedstaat nicht beurteilen.

Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-670/22 | Staatsanwaltschaft Berlin (EncroChat)

EncroChat ist ein verschlüsseltes Telekommunikationsnetzwerk, das seinen Benutzern nahezu perfekte Anonymität bietet: Das Gerät ist nicht mit einer Kamera, einem Mikrofon, GPS oder USB ausgestattet; Nachrichten können automatisch gelöscht werden und Benutzer können alle Daten auf dem Gerät sofort löschen, nachdem sie einen speziellen PIN-Code verwendet oder wiederholt ein falsches Passwort eingegeben haben.

Die französisch-niederländische Gemeinschaftsoperation entwickelte eine Trojaner-Software, die über simulierte Updates auf Endgeräten installiert wurde. Betroffen waren EncroChat-Nutzer in 122 Ländern, darunter rund 4.600 Nutzer in Deutschland.

Die deutsche Staatsanwaltschaft hat mehrere europäische Ermittlungsanordnungen erlassen, in denen sie die Nutzung der durch Abhörmaßnahmen gewonnenen Daten für Strafverfahren im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Drogenhandel durch unbekannte Personen, die im Verdacht stehen, einer organisierten Kriminalitätsgruppe anzugehören, fordert. Ein französisches Strafgericht hat einen europäischen Ermittlungsbefehl genehmigt und die angeforderten Daten übergeben.

Die deutsche Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen gegen einzelne Nutzer des Dienstes EncroChat ein. Die Anklage gegen den Angeklagten in diesem Fall stützte sich auf aus Frankreich erhaltene Beweise. Die Anfechtung strafrechtlicher Urteile auf der Grundlage von Daten, die durch EncroChat-Abhörungen gewonnen wurden, sorgte bei den höchsten Gerichten Europas, nicht zuletzt beim Gerichtshof, für Aufruhr. Das deutsche Landgericht, bei dem zuvor ein Strafverfahren anhängig war, fragte den Gerichtshof, ob die fragliche EEA unter Verstoß gegen die EEA-Richtlinie erlassen wurde.

In ihrer Stellungnahme vom 26. Oktober erinnerte Generalanwältin Tamara Ćapeta daran, dass eine europäische Ermittlungsanordnung nur dann erlassen werden könne, wenn die entsprechenden Ermittlungsmaßnahmen unter den gleichen Voraussetzungen in einem ähnlichen nationalen Fall zur Verfügung stünden. Ähnliche inländische Fälle sind in diesem Fall Fälle, in denen Beweismittel von einem Strafverfahren in ein anderes in Deutschland übertragen wurden. Da die EEA-Richtlinie es dem zuständigen Staatsanwalt in bestimmten Fällen erlaubt, eine EEA zu erlassen, und das deutsche Recht offenbar nicht vorschreibt, dass ähnliche inländische Übermittlungen von einem Gericht genehmigt werden müssen, war der Generalanwalt der Ansicht, dass der deutsche Staat als sein Vertreter zur Ausstellung befugt sei ein EIO. die betreffende EEA erlassen. Mit anderen Worten, Das EU-Recht verlangt nicht, dass solche EIOs von einem Richter ausgestellt werden.

Der Generalanwalt wies außerdem darauf hin, dass die Überwachung der Telekommunikation durch französische Gerichte zulässig sei. Die deutschen Behörden sollten diesen Verfahrensmaßnahmen das gleiche Gewicht beimessen wie auf nationaler Ebene. Dies geschieht auch dann, wenn deutsche Gerichte in einer bestimmten Frage unterschiedlich entscheiden. Schließlich ist die Zulässigkeit von Beweisen, die möglicherweise unter Verstoß gegen EU-Recht erlangt wurden, keine Frage des EU-Rechts, sondern eine Frage des nationalen Rechts unter Wahrung der durch das EU-Recht garantierten Grundrechte.

Vollständiger Meinungstext Dies wurde am Tag der Rede des Generalanwalts auf der CURIA-Website veröffentlicht. Das Gericht ist nicht an die Stellungnahme des Generalanwalts gebunden. Die Aufgabe des Generalanwalts besteht darin, dem Gerichtshof völlig unabhängig eine rechtliche Lösung der ihm übertragenen Angelegenheit vorzuschlagen. Der Richter beginnt nun mit der Entscheidung über den Fall. Eine Entscheidung wird zu einem späteren Zeitpunkt erlassen.

Quelle: EuGH
Foto: curia.europa.eu

Reinhilde Otto

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