Wer hätte gedacht, dass die Situation in England nach Boris Johnson noch schlimmer werden könnte?
In letzter Zeit ist dieser gute Boris über die Maßen gegangen, vor allem aber bei Party-Anlässen und wenn es darum geht, die Wahrheit zu verdrehen. Es war lange her, dass er in der Politik punkten konnte, und sein manchmal ungesunder Ehrgeiz war schon lange verloren. Nach all dem Chaos, das Boris Johnson verursacht hat, war von einem Neuanfang die Rede, aber jetzt stehen die Briten vor einem weiteren Scheitern einer Frau, deren Ambitionen noch schmerzhafter erscheinen als die von Boris Johnson auf seinem Höhepunkt. Wie ihre Vorgängerinnen hat Liz Truss zweifellos so lange wie möglich an der Macht gehalten, obwohl ihre ehrgeizigen Pläne zunichte gemacht wurden.
Der erste Bauer, der geopfert wurde, war bereits alte Geschichte. Kwasi Kwarteng wird als zweitkleinster Finanzminister der Geschichte in die britische Geschichte eingehen. Nur Iain Macleod blieb 1970 für kürzere Zeit im Amt. Er wurde aber nicht zum Rücktritt gezwungen. Er war gerade 30 Tage nach seinem Amtsantritt an einem Herzinfarkt gestorben. Kwasi Kwarteng hat 39 Tage nur knapp überlebt.
Mit ihrem Rücktritt endeten die hochmütigen wirtschaftspolitischen Pläne von Liz Truss, die darauf aus waren, als neue Eiserne Lady in die Geschichte einzugehen, bevor sie überhaupt verwirklicht wurden. Denn der neue Finanzminister Jeremy Hunt hat das grandiose Steuerprojekt seines Regierungschefs mehr oder weniger abgesagt. Um zu verhindern, dass die Finanzmärkte rasen, zog er das Projekt Ende Oktober vorzeitig zurück. Auch die von Liz Truss imaginierte Obergrenze für Energiepreise hob er ohne das geringste Zögern auf.
Von den 45 Milliarden Pfund an geplanter Hilfe hat Jeremy Hunt gerade 13 Milliarden validiert. Das Kostüm der Eisernen Lady hat also begonnen zu korrodieren und sie könnte bald ein Opfer ihres Versagens werden. Er hatte seinen Freund Kwarteng für die Jagd seines Feindes geopfert, ein verzweifelter Schachzug, bei dem er gleichzeitig den größten Teil seiner Macht aufgab. „Trussenomics“ hatte er sich anders vorgestellt. Aber das ist nicht alles. Außerdem musste er sich selbst verkünden, dass weder der Grenzsteuersatz noch die Unternehmenssteuern gesenkt würden.
Zudem will Jeremy Hunt nun die öffentlichen Ausgaben kürzen und schließt auch neue Steuererhöhungen nicht aus. Auch die von Liz Truss und Kwasi Kwarteng für April 2023 angekündigte Einkommensteuererleichterung scheint auf dem Vormarsch zu sein. Eine Niederlage, von der er sich vielleicht nie wieder erholt. Was eine Erfolgsgeschichte hätte werden sollen, wurde jedoch von Anfang an gebissen. Wie lange Liz Truss durchhält, bleibt abzuwarten. Schließlich hatte er nicht mehr viel Kredit im Königreich und die britische Opposition hatte bereits den Ast abgesägt, auf dem das Königreich saß. Großbritannien hat den Brexit noch nicht einmal verdaut und seine Wirtschaft steckt in Schwierigkeiten. Das Land wird eine Zeit der Turbulenzen erleben.
In Deutschland ist das ganz anders. Sie wird von einem Mann geführt, dem schwer zu erkennen ist, dass er der Regierungschef ist. Die Deutschen nennen ihn den faulen Schlumpf, ein Ausdruck, der seine Handlungen gleichermaßen herabsetzt, wenn er erniedrigt wird. Er tut sich schon schwer mit sich selbst und der Ampel, man weiß nie, ob sie rot oder grün ist oder nur von gelb auf rot oder gelb auf grün wechselt. Während sich die Grünen unter Missachtung aller ökologischen und moralischen Prinzipien in alle Richtungen winden, versucht ein gut isolierter Finanzminister, irgendwie seine Brieftasche zu halten. Die einzige Kreativität in der Finanzpolitik besteht darin, neue Wörter für neue Schulden zu finden. Der Sonderfonds für die Bundeswehr steht aus meiner Sicht aktuell an erster Stelle seiner Neugründungen. Auch „Special Budget“ sieht harmlos und niedlich aus. Am Ende bedeutet das alles neue Schulden. Es grenzt fast an ein Wunder, dass „Fauler Schlumpf“ Scholz den Streit zwischen Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner über die „Sonderdauer“ der drei noch am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke beendet und vor allem einen Kompromiss des Ministers erwirkt hat der Finanzen. Vielleicht wollte er sein Image als fauler Schlumpf abschütteln. Das beweist aber noch lange nicht, dass Deutschland regiert wird und sich nicht mit Streiten beschäftigt. Und es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis die Wirtschafts- und Finanzminister trotz aller Harmoniebemühungen bei ihren gemeinsamen öffentlichen Auftritten wieder in den Kampf ziehen.
Italien seinerseits hat mit Ignazio La Russa, der in seinem Haus eine Mussolini-Statue stehen hat, einen neuen Senatspräsidenten. Vor vier Jahren stellte er sie Reportern vor Corriere della Sera der seine Wohnung in Mailand besuchte, erklärte, dass er der Statue einen roten Stern hinzugefügt habe. Es sollte jedoch beachtet werden, dass dieses kommunistische Symbol unter den Füßen der Statue eingebettet ist. Am Freitag wurde auch der Parteipartner von Matteo Salvini und Wladimir Putins Verteidiger Lorenzo Fontana zum Präsidenten der Abgeordnetenkammer gewählt. Er ist Wunschkandidat für Giorgia Meloni, die nächste Woche zur Ministerratspräsidentin ernannt werden könnte. Ein Postfaschist und eine Frau mit großem Mundwerk, die Familie, Heimat und traditionelle Werte verteidigt, wird damit das politische Hauptamt der dritten Ökonomie der EU besetzen.
Können wir uns das nur vorstellen? Italien war schon immer ein bisschen seltsam, aber es grenzt immer noch an die Tragödie, wie Italiener immer von den seltsamsten Charakteren getäuscht werden. Noch absurder ist es zu sehen, dass sie Ministerratspräsident Mario Draghi abgesetzt haben, der als erster seit Jahrzehnten wirklich für sein Land und nicht für sich oder seine Gefolgschaft handeln wollte.
Zusammenfassend und abgesehen von Emmanuel Macron, Viktor Orban oder anderen europäischen Politikern können wir wohl nur sagen, dass die Demokratie in Europa schon lange nicht mehr die Macht der Menschen ist. Denn die Menschen haben keine Wahl mehr und müssen sich am Ende damit zufrieden geben, wer will – kompetent oder nicht – und nicht mit wem sie wollen.
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