Die Fleischpreise werden in Deutschland immer günstiger. Während dies für die Kunden eine gute Nachricht ist, wehren sich Landwirte und Umweltaktivisten dagegen gegen niedrige Preise. Anfang der Woche musste sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen mit Händlern und Verbraucherschützern darüber diskutieren.
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Der deutsche Tankstellenserver wurde aufmerksam Deutschlandwelle. „Wenn Landwirte und Händler gemeinsam über Preise verhandeln, ist das wie ein Kampf zwischen David und Goliath“, seufzte Bundesagrarministerin Julia Klöcknerová von der CDU in einem Interview.
Das Ministerium will laut Satellitenberichten die Hälfte des dort angebauten Weizens oder Raps beenden.
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In den letzten Monaten musste sich der Politiker mit zahlreichen Protesten von Landwirten auseinandersetzen, die sich über neue Umweltschutzbestimmungen und niedrige Preise für Fleisch und andere Lebensmittel ärgerten.
Das Problem billiger Lebensmittel ist in Deutschland nichts Neues. Beispielsweise haben sich Landwirte in der Vergangenheit über das ungleiche Verhältnis von Kosten und Verkaufspreisen von Milchprodukten beschwert.
Ministerin Klöckner will sich daher dafür einsetzen, dass die neue europäische Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken umgehend in deutsches Recht übernommen wird. Dadurch kann ein unverhältnismäßiger Preisdruck seitens der Händler verringert und auch Preisdumpingpraktiken eingedämmt werden. Allerdings wehren sich Händler dagegen.
Bei dem Treffen am Montag, an dem Merkel teilnahm, ging es um die Frage, wie man in Deutschland vernünftige Preise für hochwertige Lebensmittel erreichen kann. Kern des Problems ist laut der Deutschen Welle die Tatsache, dass 85 Prozent des deutschen Marktes von vier großen Handelsketten kontrolliert werden.
Und bei Fleisch beispielsweise bestehen mehr als zwei Drittel ihres Angebots aus Artikeln mit der Aufschrift „Rabatt“, was den Preisdruck weiter erhöht. Schließlich wurden die Deutschen selbst von billigem Fleisch angezogen.
Der Umsatz deutscher Fleischverarbeiter erreichte im Jahr 2018 fast 27 Milliarden Euro. Die Auswirkungen sind dagegen nicht nur niedrige Gehälter für Mitarbeiter von Schlachthöfen und Zuchtbetrieben, sondern auch schlechte Bedingungen, unter denen Tiere gehalten und geschlachtet werden.
Die Beliebtheit von Fleisch bei den Deutschen hat neben dem Preis auch historische Wurzeln. Vor allem war köstliches Roastbeef inmitten des deutschen Nachkriegselends ein Symbol für zunehmenden Wohlstand. Und es scheint, dass der Appetit auf Fleischprodukte trotz des sich abzeichnenden veganen Trends in der deutschen Gesellschaft auch 70 Jahre nach dem Krieg nicht nachgelassen hat.
Landwirte stehen unter Druck
Laut Statistik wurden im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres fast 30 Millionen Tiere in deutschen Schlachthöfen geschlachtet. Im weltweiten Vergleich belegt die Bundesrepublik hier den ersten Platz. Kurzum: Die Deutschen sind niedrige Preise bei Discountketten gewohnt und geben weniger Geld für Lebensmittel aus als Kunden anderswo. Und gerade in den letzten Jahren sind die Lebensmittelpreise in Deutschland weiter gesunken.
Allerdings gibt es Unternehmen und Hersteller, die ihre Geschäftsmodelle anders aufbauen. „Gute Metzger gibt es wirklich“, mit diesem Slogan wirbt Jörg Erchinger im Internet für seinen Berliner Laden. Unternehmer verkaufen Fleisch ohne Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker und arbeiten mit lokalen Landwirten zusammen, die Tiere unter geeigneten Bedingungen züchten. Erchinger selbst soll es persönlich untersucht haben. Umgekehrt bedeuten hohe Standards auch höhere Preise.
„Ein Kilo Hähnchen als Suppe kostet zwischen 15 und 16 Euro. Im Discounter ist es für weniger als drei Euro zu bekommen“, erklärt Erchinger, dessen Geschäft nur von einem bestimmten und begrenzten Kundenkreis besucht wird. Dabei handelt es sich um Menschen, die hochwertige Lebensmittel bevorzugen und über genügend Geld verfügen.
Doch Erchinger sagt, die Bundesregierung unterstütze Unternehmer wie ihn nicht ausreichend. „Die Lobby der Fleischindustrie ist so mächtig, dass die Politik lieber die Interessen großer Produzenten als kleiner Unternehmen vertritt“, meint Erchinger.
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Ähnliches sieht Klaus Gerlach von der Berliner Fleischer-Innung. Er nannte auch andere Gründe, warum kleine lokale Verarbeiter nur ein kleines Marktsegment abdecken. „Die Leute sind bereit, extra zu zahlen, um hochwertiges Fleisch nur zu festlichen Anlässen zu bekommen. „In vielen Haushalten wird nicht mehr regelmäßig gekocht“, beklagt Gerlach.
Er machte auch auf die immer aggressivere Preispolitik der Discountkette aufmerksam. Seiner Meinung nach sind es die Kleinproduzenten, die den größten Druck von ihnen bekommen.
Weitere Probleme sah er in der Logistik und in kleinen Ladenlokalen. „Kleine Metzgereien können ihren Kunden in Großstädten keine Parkplätze anbieten, wie es große Geschäfte tun. Dadurch verschlechtern sich die Liefer- und Kundenbedingungen“, ergänzt Klaus Gerlach. Und das alles ist auch der Grund dafür, dass die Zahl der Mitglieder der Fleischergewerkschaft sinkt – waren es vor ein paar Jahren noch hundert, sind es heute nur noch zwanzig Metzger.
Wird die Richtlinie das Problem beheben?
Bundeskanzlerin Merkel lehnte am Montag bei einem Treffen mit Händlern und Lebensmittelproduzenten die Idee ab, für einige Produkte Mindestpreise festzulegen. Wie die Deutsche Welle berichtetAn dem Treffen nahmen auch Landwirtschaftsministerin Klöcknerová und Wirtschaftsminister Peter Altmaier teil.
Sowohl Merkel als auch Klöckner sind sich einig, dass die Einzelhandelsketten eine große Verantwortung bei der Preisgestaltung tragen. Im Zusammenhang mit dem „Preiskampf“, der in vielen Supermärkten herrscht, appellierte die Kanzlerin an die Händler, faire Bedingungen für die Landwirte zu schaffen. „Wir haben ein gemeinsames Interesse daran, dass die Geschäfte in Deutschland mit regionalen Produkten versorgt werden“, sagte Merkel.
Er betonte auch die zunehmende Sensibilität des Unternehmens für Qualität und Umweltschutz. Ihm zufolge seien Regelungen in diesen Bereichen richtig und sinnvoll, hätten aber natürlich Konsequenzen. Es bleibt jedoch die Frage, ob die Lebensmittelproduzenten die Auswirkungen dieser Politik überleben können.
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Merkel betonte außerdem, dass Deutschland die neue europäische Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken noch in diesem Jahr und wie ursprünglich erwartet bis 2021 umsetzen werde. Mit den neuen Regelungen soll durch finanzielle Sanktionen verhindert werden, dass Händler übermäßigen Druck auf die Preise ihrer Lieferanten ausüben.
Auch der Verbraucherschutzbund fordert faire Verhandlungsbedingungen. Dessen Geschäftsführer Klaus Müller erklärte, dass der Preisdruck der Händler zu Lasten des Tier- und Umweltschutzes nicht im Interesse der Verbraucher sei. „Viele Kunden wünschen sich beispielsweise hohe Standards in der Tierhaltung und sind bereit, dafür einen Aufpreis zu zahlen“, sagt Müller.
Derzeit sei es schwierig, die Produktqualität zu erkennen, und der Preis sei überhaupt kein guter Anhaltspunkt. Daher hält er es für notwendig, die Bedingungen in der Tierhaltung zu verbessern, irreführende Werbung einzuschränken und ein verbindliches System zur Anerkennung der Qualität von Lebensmitteln zu schaffen. Und Landwirtschaftsministerin Klöckner versprach nach dem Treffen mit Merkel, dass Deutschland am Anfang von Veränderungen stehe, die sich auch unter ihrer Amtszeit fortsetzen würden.
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