Die Miniserie mit Meryl Streep im amerikanischen Fernsehen aus dem Jahr 1979 veränderte die Sichtweise der Deutschen auf ihre eigene Geschichte.
„Holocaust“, so der Name der Inszenierung, brachte den Schrecken der Nazi-Verbrechen in die Wohnzimmer der Menschen und wurde schließlich zu einem gebräuchlichen Begriff in der deutschen Sprache.
Rund 40 Jahre später wurde der Film diesen Monat erneut im deutschen Fernsehen ausgestrahlt – und er erweist sich immer noch als relevant.
Ein Drittel der westdeutschen Bevölkerung, etwa 20 Millionen Menschen, sahen 1979 zumindest einen Teil des Vierteilers.
Was ist der Holocaust und was zeigt die Serie?
Der „Holocaust“ war der sogenannte Massenmord an Millionen von Juden sowie an ethnischen Polen, Sowjets, Homosexuellen, Zigeunern und Kriegsgefangenen aus verschiedenen Ländern sowie an Zeugen Jehovas und anderen Minderheitengruppen – während des Zweiten Weltkriegs Zweiter Weltkrieg. Die ganze Welt – vom systematischen Vernichtungsprogramm der NSDAP.
Zur Veranschaulichung dieser Episode erzählt die Miniserie die Geschichte einer fiktiven jüdischen Familie – Karl Weiss, ein erfolgreicher Berliner Arzt, seine Frau und ihre Kinder – und zeigt ihren tragischen Weg vom bürgerlichen Reichtum bis zu den Gaskammern, in denen unzählige Juden starben.
Eine Parallelgeschichte dreht sich um Erik Dorf, einen arbeitslosen Anwalt, der zunächst unpolitisch ist, später aber in Hitlers SS – der „Stoßtruppe“ des Nazi-Militärs – arbeitet und Teil der Tötungsmaschinerie wird.
Die Auswirkungen des Anblicks von Nazi-Opfern
Die Serie löste in Deutschland eine bundesweite Debatte aus. Untersuchungen zeigen, dass 86 % der Zuschauer nach dem Anschauen mit Freunden oder der Familie über den Holocaust diskutierten.
Nach der Vorführung riefen Zehntausende Deutsche beim WDR an, viele von ihnen waren gerührt, um ihrem Schock und ihrer Betroffenheit über dieses Kapitel der Geschichte Ausdruck zu verleihen. In einigen Fällen meldeten sich ehemalige Soldaten, um Einzelheiten zu NS-Verbrechen zu bestätigen.
Dies war das erste Mal, dass eine groß angelegte Produktion das Leben von Hitlers Opfern darstellte.
Bis dahin beschäftigten sich ernsthafte Dokumentarfilme mit Fakten und Zahlen, und in den 1960er Jahren konzentrierte sich die Debatte hauptsächlich auf die Verantwortlichen der Verbrechen – unter anderem angeheizt durch die Auschwitz-Prozesse in Frankfurt zwischen 1963 und 1965.
„Überlebende waren bei den Auschwitz-Prozessen dabei und wurden nicht einmal von Journalisten interviewt. Niemand kümmerte sich um die Opfer. Das änderte sich mit (der Fernsehserie) ‚Holocaust‘“, sagte der Historiker Frank Bösch.
Er schrieb ein Buch über die wichtigsten Ereignisse des Jahres 1979, die die Welt veränderten, und nannte diese Fernsehproduktion zusammen mit der Iranischen Revolution und der Wahl von Margaret Thatcher als eines davon.
Die Miniserie erzählt die berührenden Geschichten ganz normaler Menschen – und erleichtert so den Zuschauern den Kontakt und macht die Inhalte für die Öffentlichkeit zugänglicher.
Ungewöhnlich bei dieser Art von Produktion ist, dass die Menschen, die diese Verbrechen begangen haben, nicht als grausame und furchterregende Sadisten angesehen werden, sondern eher als gewöhnliche Deutsche, Rädchen in der Nazi-Maschinerie, die jeden Tag durch kleine, grausame Taten oder Feiglinge zum Holocaust beigetragen haben.
Die Serie war umstritten und hätte es fast nicht nach Deutschland geschafft.
Produziert vom amerikanischen Fernsehsender NBC, wurde er im Debütjahr von 120 Millionen Zuschauern in seinem Heimatland gesehen.
Deutsche Kommentatoren kritisierten es und nannten es eine „kitschige melodramatische Seifenoper, die den Holocaust verharmlost“.
Linke Gruppen warfen amerikanischen Sendern vor, Nazi-Verbrechen zynisch auszunutzen, nur um Zuschauer zu gewinnen. Rechtsnationalisten beklagen, dass die Kriegstoten in Deutschland vergessen würden.
Neonazis sabotierten sogar zwei Fernsehsender, um die Ausstrahlung der Serie in Deutschland zu verhindern.
Bisher steht die Serie immer noch im Mittelpunkt der Kritik. Einige Holocaust-Überlebende sagen, es würden „unangenehme Details“ weggelassen und die Geschichte vereinfacht. Tatsache ist jedoch, dass die Produktion den Umgang Deutschlands mit der Nazi-Vergangenheit seines Landes veränderte.
Einige Behörden hätten zunächst befürchtet, dass die Serie antideutsche Stimmung im Ausland schüren würde, sagte Professor Bösch. Doch die dadurch ausgelöste Selbstprüfung führte zu einem Gefühl des Respekts vor der Art und Weise, wie Deutschland mit den Verbrechen seiner Vergangenheit umging.
Einige Monate nach Ausstrahlung der Serie änderte Deutschland die gesetzlichen Bestimmungen, um Nazis wegen ihrer Beteiligung am Holocaust vor Gericht zu stellen.
Und die bundesweite Debatte zu diesem Thema steigert den Wissensdurst.
In den 1980er Jahren benötigten Schulen mehr Unterrichtsmaterialien, deutsche Historiker begannen, sich stärker mit dem Holocaust zu befassen, und Konzentrationslager eröffneten ihre ersten großen Ausstellungen und Gedenkstätten.
Eine rechtzeitige Erinnerung für die Deutschen
Jetzt, da die Miniserie im Fernsehen zu Ende geht, überdenkt Deutschland neu, wie das Drama sein Land vor 40 Jahren verändert hat.
Das Gedenken an den Holocaust und die Worte „Nie wieder“ sind zu Grundprinzipien der modernen deutschen politischen Identität geworden.
Aber die rechtsextreme Partei Alternative für Deutschland (AfD) sagte, die deutsche Gesellschaft müsse die Vergangenheit hinter sich lassen und vorwärts gehen.
Im vergangenen Jahr bezeichnete AfD-Chef Alexander Gauland das NS-Regime als „nur Vogelkot in mehr als tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“.
Und weniger als die Hälfte der deutschen Studierenden wissen laut einer Umfrage der Körber-Stiftung, was Auschwitz war – der größte Konzentrationslagerkomplex des NS-Regimes.
Auch 40 Jahre nach der Erstausstrahlung der „Holocaust“-Serie in Deutschland werden Produktionen benötigt, die sich mit den Verbrechen des Nationalsozialismus befassen.
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