Arbeite nur vier Tage die Woche. Mehr als fünfzig Unternehmen werden an dem deutschen Experiment teilnehmen

Deutschland wird eine Vier-Tage-Woche testen. Das Projekt dauert sechs Monate und wird anschließend von Wissenschaftlern evaluiert. Interessenten von Betrieben, die für das gleiche Geld vier Tage die Woche arbeiten würden, können ab Donnerstag Anträge bei den Veranstaltern einreichen. Ziel ist es, die Debatte über neue Arbeitsmodelle von der Theorie in die Praxis zu verlagern.

Hinter dem Projekt der Vier-Tage-Woche stehen das Berliner Unternehmen Intraprenör und die gemeinnützige Organisation 4 Day Week Global. Er hat ähnliche Forschungen in anderen Ländern initiiert, darunter ein gefeiertes Projekt im Vereinigten Königreich.

„Es stört uns, dass die gesamte Diskussion im luftleeren Raum stattfindet. Denn alles wird nur theoretisch besprochen, aber nicht getestet“, zitierte die Agentur DPA Intraprenör-Analyst Jan Bühren.

Auch die IG Metall, eine deutsche Gewerkschaft der Metall- und Elektroindustrie, versucht, eine Vier-Tage-Woche einzuführen. Dahinter steckt die Idee, dass jemand, der nur vier Tage in der Woche arbeiten müsste, konzentrierter und motivierter wäre und dennoch die Anforderungen seines Arbeitgebers erfolgreich erfüllen könnte.

Eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass die Vier-Tage-Woche bei Arbeitnehmern beliebt ist. Sie begründen dies damit, dass sie mehr Zeit für sich (96,5 Prozent) und die Familie (89 Prozent) haben wollen. Diejenigen, die eine Vier-Tage-Woche ablehnten, gaben mit überwältigender Mehrheit an, dass ihnen die Arbeit Spaß macht (86 Prozent). 82 Prozent waren skeptisch, dass sich durch die Reduzierung der Arbeitszeit etwas am Arbeitsprozess ändern würde. Rund 77 Prozent gehen davon aus, dass sie der Aufgabe nicht mehr gewachsen sind.

Die Geschäftswelt steht der Idee skeptischer gegenüber. Christoph Ahlhaus, Geschäftsführer des Bundesverbandes mittelständischer Wirtschaft, bevorzugt individuelle Lösungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Das Unternehmen wendet sich gegen staatliche Eingriffe, die kürzere Arbeitszeiten bei voller Vergütung vorschreiben. „Durch kürzere Arbeitszeiten drohen Produktivitätseinbußen, die zuerst die Unternehmen und dann uns alle zu tragen haben“, sagte Ahlhaus.

Belgien war das erste Land in der Europäischen Union, das eine Vier-Tage-Woche eingeführt hat. Das ist etwas Neues, das universell anwendbar ist. Nach Angaben der belgischen Regierung handelt es sich hierbei um eine Option, die zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern vereinbart werden muss. Aber er war sich noch nicht sicher. Obwohl ein zusätzlicher freier Tag bei gleichem Gehalt verlockend klingt, nutzt nur ein kleiner Prozentsatz der Belgier diese Möglichkeit. Besonders ausgeprägt ist das Desinteresse an einer kürzeren Woche auf Seiten der Arbeitgeber, was eine erhebliche Belastung für die Arbeitsorganisation darstellt.

Ein Pilotprojekt zur Vier-Tage-Woche im Vereinigten Königreich wurde gut angenommen. 56 der 61 teilnehmenden Unternehmen entschieden sich, dieses Betriebsmodell auch nach dessen Ende beizubehalten. Das Unternehmen begründete dies mit einer Reduzierung der Krankenstände um rund zwei Drittel (65 Prozent) und damit, dass in diesem Zeitraum 57 Prozent weniger Mitarbeiter ausgeschieden seien. Der Analyse zufolge stiegen die Umsätze der an der Testphase beteiligten Unternehmen im Durchschnitt um 1,4 Prozent.

Allerdings basieren diese Ergebnisse auf der Bewertung von Unternehmen, die sich freiwillig am Projekt beteiligt haben. Es war keine zufällige Wahl.

Intraprenör möchte mehr als 50 Unternehmen in Deutschland von der Teilnahme überzeugen. Das Projekt sollte noch in diesem Jahr starten. Teilnehmende Unternehmen müssen mindestens sechs Monate lang Experten im Personal haben, neue Methoden erlernen und sich mit anderen Unternehmen austauschen. Sie werden auch mit Unternehmen in Kontakt treten, die dauerhaft auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt haben. Für die wissenschaftliche Auswertung ist die Universität Münster verantwortlich.

Video: Auch Schichtarbeit ist flexibel möglich. Vier-Tage-Woche reduziert Fluktuation (12. September 2023)

Auch für Arbeiter werden verkürzte Arbeitswochen und flexible Arbeitszeiten eingeführt. | Video: Blahoslav Baťa, Jakub Zuzánek

Astor Kraus

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