Vollständig in Deutschland integriert, wurden vier Geschwister im Alter von 11 bis 17 Jahren zusammen mit ihrer Mutter kürzlich nach Nigeria abgeschoben. Die Zahl der von deutschen Behörden abgeschobenen Minderjährigen ist in den letzten Monaten gestiegen.
Sie ließen einen Tennisschläger, ein Paar Fußballschuhe, eine Bibel und Schulsachen zurück. Seit der Abschiebung der Familie Ovbiagele nach Nigeria im vergangenen Mai lagern die Vermögenswerte in einem Lager in Deutschland.
Die Axt fiel in der Nacht des 15. Mai, als Polizisten gewaltsam in ihre Wohnung in Süddeutschland eindrangen.
„Die Polizei kam nachts in mein Zimmer und weckte mich“, sagte der 11-jährige Godsand kürzlich in einem Artikel der deutschen Wochenzeitung Spiegel.
„Ich zitterte. Sie sagten mir, ich würde abgeschoben und wir müssten unsere Sachen packen, aber nur, was wir mitnehmen könnten. Wir durften nicht mit Mama reden. Wir hatten Angst. Ich hörte Victoria weinen.“ ihr Zimmer.
Stadt Benin, eine der gefährlichsten Städte der Welt
Am nächsten Morgen befanden sich Godsand, Victor, Miracolo, Victoria und ihre Mutter Bose Ovbiagele zusammen mit 35 anderen Deportierten, die zuvor in Österreich, Luxemburg, Schweden und Deutschland gelebt hatten, auf einem Charterflug nach Nigeria.
Unter den Passagieren des Fluges befanden sich auch mehrere mutmaßliche Kriminelle, gefesselt und mit Handschellen gefesselt.
Bei der Ankunft in Lagos wurde die Familie vom Entwicklungshelfer Rex Osa begrüßt, der aus Nigeria stammt und seit 18 Jahren in Deutschland lebt.
Er beschrieb ihre Situation als „katastrophal“.
Mit seiner Hilfe ließ sich die Familie vorübergehend in einem kleinen Zimmer in Benin City, der Heimatstadt von Bose Ovbiagele, nieder.
Der Spiegel erinnerte uns daran, dass diese Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern bekanntermaßen über ein großes Netzwerk von Menschenhandel und Zwangsprostitution verfügt. Die Stadt Benin gilt als eine der gefährlichsten Städte Nigerias.
„Ich weiß nicht, ob ich jemals einen Freund finden werde“
Bose Ovbiagele sagte, er sei nach Europa gegangen, weil er in Nigeria keine Zukunft für seine Kinder sehe. Sie hat ihre vier Kinder seit dem Tod ihres ersten Mannes und seit der Trennung von ihrem zweiten allein großgezogen.
Nun, 4.600 Kilometer von Deutschland entfernt, versuchen die Brüder einen Neuanfang in einem ihnen fremden Umfeld.
„Ich weiß nicht, ob ich hier Freunde finden werde“, sagte Miracolo, 14. „Ich fühle mich nicht sicher. Es gibt Leute, die stehlen und entführen. Sie haben auch Waffen.“
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Fast neun Jahre lang lebte die Familie im südbayerischen Kempten, etwa 100 Kilometer von München entfernt.
In dieser Kleinstadt mit 70.000 Einwohnern besuchen Kinder die Grundschule und das College. Sie machten dort eine Lehre, gingen in die Kirche und erhielten eine Lizenz beim örtlichen Fußballverein.
„Ich habe keine Erinnerung an mein Leben vor Deutschland“
„Ich erinnere mich nicht an mein Leben vor Deutschland. Wir waren jung. Ich kenne kein anderes Land“, sagte der 17-jährige Victor dem Spiegel.
„Ich mache mein Abitur“, sagte Victoria, ihre Zwillingsschwester. „Ich habe die mündliche Prüfung bestanden. Ich habe fast neun Jahre in Deutschland gelebt. Ist alles umsonst?
Mit Hilfe von Rex Osa und einem Anwalt widersetzt sich die Familie seiner Abschiebung, doch das Verfahren wird voraussichtlich Monate dauern, bis die deutschen Behörden entscheiden.
Auch in Kempten kämpfen sich Freunde der Familie zurück. Im Juni zeigten rund 60 Menschen in der Stadt ihre Unterstützung.
Allerdings ist das Schutzniveau für Nigerianer in Deutschland gering. Es ist unwahrscheinlich, dass ihr Asylantrag erfolgreich sein wird.
Ovbiageles Anträge auf internationalen Schutz werden seit 2016 abgelehnt. Seitdem gehört die Familie zu den rund 300.000 Menschen in Deutschland, die als „ausreisepflichtig“ gelten, also gesetzlich zur Ausreise verpflichtet sind.
„Negative Post von den Behörden zu erhalten, ist verheerend für die psychische Gesundheit“, sagte Victoria dem Spiegel. „Die Abschiebung war immer eine Bedrohung, gegen die wir viel gekämpft haben. Für meine Mutter war das zu viel.“
Zunehmende Familienräumungen
Dem Magazin zufolge kritisierte der Bayerische Flüchtlingsrat die immer volatilere Abschiebungspolitik der bayerischen Landesbehörden im Februar und wies darauf hin, dass Zwangsrückführungen aus Bayern nun offenbar auf Familien mit Kindern abzielen.
„Das Innenministerium und die Ausländerämter sind unmoralisch geworden. Fälle, in denen Familien in verzweifelten Situationen ausgewiesen werden, nehmen zu“, sagte Dewan damals.
Laut Spiegel wurden im vergangenen Jahr fast 13.000 Menschen aus Deutschland ausgewiesen. Unter ihnen sind 2.196 Minderjährige, darunter junge Menschen, die vollständig in das Schulsystem integriert sind und von denen viele kaum oder gar keine Bindung zum Herkunftsland ihrer Eltern haben.
In vielen Fällen sprachen sie besser Deutsch als die Muttersprache ihrer Eltern.
Die aktuelle Abschiebepolitik Deutschlands steht im krassen Gegensatz zu der Tatsache, dass das Land dringend Einwanderer braucht. Ende Juni hat Deutschland sein neues Gesetz zur Erleichterung der Fachkräfteeinwanderung verabschiedet, um dem enormen Arbeitskräftemangel in bestimmten Branchen zu begegnen.
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Ökonomen gehen sogar davon aus, dass Deutschland jährlich eine Nettozuwanderung von fast 1,5 Millionen Menschen benötigt.
Trotz der Gefahr einer wirtschaftlichen Katastrophe ergab eine Umfrage im vergangenen Mai, dass jeder zweite Deutsche besorgt über die Ankunft weiterer Flüchtlinge in Deutschland ist.
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