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Da russische Gassorgen Gazprom in dieser Woche die Lieferungen über die Gaspipeline Nord Stream 1 nach Deutschland reduziert haben, appellierte Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck an Mitbürger und Unternehmen, so viel Energie wie möglich zu sparen.
„Jede Kilowattstunde hilft in dieser Situation“, sagte Habeck in einer Videoansprache. Er bezeichnete die Lage als ernst, obwohl die Versorgungssicherheit in Deutschland noch nicht gefährdet sei.
„Wir müssen wachsam sein. Wir müssen konzentriert weiterarbeiten. Vor allem dürfen wir uns nicht spalten lassen. Denn genau das versucht Putin“, fügte der Minister hinzu.
Habeck vertritt die Grünen in der Koalitionsregierung, und so wundert es niemanden in Deutschland, dass er die eine Option nicht erwähnt hat, die in der Energiekrise auf den ersten Blick auftauchte – die Verlängerung des Betriebs der drei noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke.
Kernkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 sollen gebaut werden schalte aus bis Ende dieses Jahres. Nicht wegen ihrer technologischen Rückständigkeit. Alle sind operativ jünger als die tschechische Dukovany, die mindestens ein Jahr in Betrieb sein muss 2037. Die deutsche Politik hat vor elf Jahren beschlossen, alle Atomkraftwerke vorzeitig abzuschalten, nachdem die Öffentlichkeit in der Bundesrepublik durch den Unfall im japanischen Kraftwerk Fukushima schockiert war.
In den folgenden Jahren übernahmen jedoch nicht sicherere erneuerbare Quellen die Kernrolle, sondern Kohle und Erdgas, die größtenteils aus Russland flossen.
Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine begann Deutschland zu spüren, wie unklug es wäre, seine Energieabhängigkeit von Russland zu vertiefen. Steigende Preise und ungewisse Gasversorgungsperspektiven zwingen Politik und Unternehmen nun zu außergewöhnlichen Lösungen.
Die bisher vorherrschende Strategie wurde von Grünen-Minister Habeck personifiziert – sparen und möglichst schnell auf alternative Energiequellen wie Sonne, Wind oder Wasserstoff umsteigen. Erst in dieser Woche hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Erleichterung des Baus von Windkraftanlagen beschlossen und eine Koalitionsvertragszusage zu eigenen Windparks auf zwei Prozent der Landesfläche umgesetzt.
Langsam aber stetig werden auch „ketzerische“ Vorschläge laut, damit auch Deutschland sich selbst helfen kann, indem es die Flucht aus seinem Kern zumindest verlangsamt.
Aus tschechischer Sicht erschien Deutschlands Widerstand gegen das Atom unverständlich. Auch aus europäischer Sicht erscheint es unglaubwürdig – selbst wenn Deutschland auf eigene Reaktoren verzichten würde, würden viele davon im Umland, insbesondere in Frankreich, normal weiterbetrieben. Die Pläne der Atomkraftgegner, sie von der Europäischen Kommission als Ressource disqualifizieren zu lassen, dürften keinen Erfolg haben.
In Deutschland hingegen hat der Verzicht auf Kernenergie eine lange Tradition und wird immer noch von einem großen Teil der Gesellschaft geteilt.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine nur von der größten Oppositionsfraktion, der CDU/CSU, Forderungen nach einer Verlängerung der Lebensdauer des Atomblocks laut wurden. Der Vorsitzende der beiden Christdemokraten, der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz und der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder, brachten es auf den Punkt.
Vergangene Woche jedoch fiel selbst in Regierungslagern ein imaginäres Tabu. Der Vorsitzende der kleinsten Koalitionsformation – der liberalen FDP – und gleichzeitig Finanzminister Christian Lindner schlägt vor, die Debatte über eine mögliche Rückkehr zum Kern zu eröffnen.
„Die Menschen erwarten, dass alle Optionen für Klimaschutz, Putin-Abhängigkeit und Inflation in Betracht gezogen werden“, er sagt Lindner für die Bild-Zeitung. Aus wirtschaftlicher Sicht ist er noch nicht davon überzeugt, dass sich neue Investitionen in die Kernenergie tatsächlich auszahlen, aber Deutschland sollte seiner Meinung nach die Augen vor den anhaltenden Debatten weltweit nicht verschließen.
In der Koalition jedoch fiel mit seinen Worten die Sense auf den Felsen. Vor allem für die Grünen ist die langfristige Nutzung von Kernreaktoren, geschweige denn die vollständige Rehabilitierung der Atomenergie, undenkbar.
„Zur Kernenergie gibt es nicht mehr viel zu sagen. Das Thema wurde zu Beginn der Legislaturperiode weltanschaulich aufgearbeitet. Das entscheiden die zuständigen Ministerien sowie die Politik“, protestierte Minister Habeck mit Blick auf das ablehnende Gutachten der sein eigenes Ministerium und das Umweltministerium, das von seiner Parteikollegin Steffi Lemke geleitet wird.
Wir müssen alles tun, um die Stromlücken nicht noch anders als zu vergrößern. Daher ist neben dem Massenausbau der erneuerbaren Energien auch eine befristete Verlängerung der Notwendigkeiten es neben dem Massen #Kernkraft – Mindesden Bus Anfang 2024 als Sicherheits Naturschutzgebiet.
— Markus Soeder (@Markus_Soeder) 7. Juni 2022
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der die stärkste Koalitionspartei der Bundesregierung, die Sozialdemokratie (SPD), vertritt, reagierte nicht positiv auf Lindners Vorschlag. Bereits Anfang April trat Scholz in die Parlamentsdebatte ein er erklärtedass die Ausweitung des AKW-Betriebs „kein guter Plan“ sei.
Kritiker des Anti-Atom-Fundamentalismus argumentieren, dass die Pläne der Regierung, russisches Gas schnell zu ersetzen, mit der aktuellen Abschaltung von Atomkraftwerken nicht realisierbar seien. Sie weisen darauf hin, dass der Anteil der Energieerzeugung aus Kohlekraftwerken, die große Mengen Kohlendioxid ausstoßen, weiter zunehmen wird.
Politiker streiten vor allem über Versorgungssicherheit.
„Drei Kernkraftwerke, die bis Ende des Jahres stillgelegt werden, versorgen 10 Millionen Haushalte mit Strom. Es kostet unsere Bürger, wenn der Bund sie jetzt abschaltet“, sagte Bayerns Staatskabinettschef Söder. Ihm zufolge soll die Bundesregierung die Laufzeit des „Kerns“ bis mindestens Anfang 2024 verlängern.
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