Der Bundestag hat am Freitag, 3. Juni, einer Anhebung des Mindeststundenlohns auf 12 Euro brutto zum 1. Oktober zugestimmt, ein großer Schritt im Programm von Bundeskanzler Olaf Scholz, aber angesichts der steigenden Inflation nicht frei von Kritik. „Sicherheit und Frieden sind die Prioritäten der Regierung in diesen schwierigen Zeiten“, betonte Arbeitsminister Hubertus Heil vor dem Bundestag, denn diese Aufwertung sei eine „Respektfrage“ und trage zum Sicherheitsgefühl der Arbeitnehmer bei.
Der Schritt wird die Vergütung von fast 6,2 Millionen Arbeitnehmern bei einer aktiven Bevölkerung von 45,2 Millionen Menschen erhöhen. Der Mindeststundenlohn in Deutschland wird in zwei Stufen von 9,82 auf 10,45 Euro zum 1. Juli und dann auf 12 Euro zum 1. Oktober angehoben, was laut dem Gewerkschaftsbund die Kaufkraft in Europas größter Volkswirtschaft um insgesamt 4,8 Milliarden Euro erhöht (DGB). Das ist das Hauptversprechen der Koalition mit Grünen und Liberalen um den Sozialdemokraten Olaf Scholz seit Dezember.
Dies wurde von den Gewerkschaften zu einer Zeit gelobt, in der die Kaufkraft durch die seit fast einem Jahr rekordverdächtige Inflation untergraben wird. Im Mai erreichte der Preisanstieg 7,9 %. Doch laut einer Umfrage des Arbeitgeberverbands „Familienunternehmen“ unter seinen 800 Mitgliedern befürchten 89 Prozent der Unternehmenslenker, dass diese Maßnahme ihre Kosten und damit letztlich die Preise bei einer weiteren Beschleunigung der Inflation erhöht.
Bestimmte Sektoren, die stark von steigenden Rohstoffpreisen betroffen sind, machen sich Sorgen um ihre Wettbewerbsfähigkeit, wie zum Beispiel die Landwirtschaft, die mehr für Saisonarbeiter zahlen muss. Allerdings werden die Risiken von einigen Experten relativiert. „Angemessene Lohnerhöhungen (…) sind notwendig, um die Wirtschaft auch in diesen Krisenzeiten zu stabilisieren“, kommentiert der Präsident des einflussreichen Wirtschaftsinstituts DIW, Marcel Fraztscher
Die Gewerkschaften fordern weitere Erhöhungen, um mit den Preiserhöhungen Schritt zu halten, zumal weitere Branchenverhandlungen geführt werden. So verdienten 12.000 Beschäftigte der Textilbranche im Osten des Landes Anfang Mai eine Lohnerhöhung von 5,6 %. In der Stahlindustrie streikten in den vergangenen Tagen mehrere tausend Beschäftigte, um eine Lohnerhöhung von 8,2 Prozent zu fordern. Für einen breiten Industriezweig, der vor allem Werkzeugmaschinen, Automobile und Elektronik umfasst, finden im Frühherbst Gespräche statt. Deutschland hat den Mindestlohn 2015 eingeführt, nachdem dieses Prinzip heftig diskutiert wurde und die Tarifautonomie der Branche verletzt wird.
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