Deutsche Medien entdeckten, dass ein Vizegouverneur des Bundesstaates in den 1980er Jahren antisemitische Broschüren verfasste; er bleibt weiterhin im Amt | Welt

Hubert Aiwanger wurde vorgeworfen, in den 1980er Jahren an der Verbreitung von Flugblättern beteiligt gewesen zu sein, die den Holocaust verspotteten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte, er werde sein Amt behalten. Aiwanger bestritt die Vorwürfe. — Foto: Peter Kneffel/dpa/image Alliance

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte an diesem Sonntag (3), dass er seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger behalten werde, nachdem diese Woche frühere Antisemitismusvorwürfe ans Licht kamen.

„Ich weiß, dass meine Entscheidung nicht allen gefallen wird und andere noch Zweifel haben werden. Aber ich betone noch einmal, dass diese Entscheidung das Ergebnis eines fairen und geordneten Prozesses ist“, sagte Söder an diesem Sonntag in einer ungewöhnlichen Pressekonferenz. In Deutschland und insbesondere in Bayern, wo die Mehrheit der Bevölkerung katholisch ist, finden politische Veranstaltungen dieser Art normalerweise nicht sonntags statt.

Die ganze Woche über war Aiwanger scharfer Kritik ausgesetzt, nachdem ein Bericht der bayerischen „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) mit Sitz in München ihn mit dem Autor einer antisemitischen Broschüre in Verbindung brachte, die in seiner Teenagerzeit kursierte weiterführende Schule. Laut SZ machten sich die Flugblätter über den Holocaust und die Konzentrationslager der Nazis lustig.

Kurz nach der Veröffentlichung des Artikels gab der Bruder des stellvertretenden Gouverneurs, Helmut, öffentlich bekannt, dass er der wahre Autor der Broschüre sei. Trotzdem bleibt der Druck auf Aiwanger bestehen – und dafür sorgen auch andere Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner Jugend, etwa dass er einmal in der Schule einen Nazi-Gruß gezeigt habe.

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Söder spricht von Reue

Der bayerische Ministerpräsident sagte, er habe die Entscheidung nach sorgfältiger Prüfung der Vorwürfe getroffen. Laut Söder habe Aiwanger in seiner Jugend offenbar schwerwiegende Fehler gemacht, diese aber überwunden und Reue gezeigt.

Er sagte auch, dass es keine Beweise dafür gebe, dass Aiwanger die Broschüre geschrieben oder verteilt habe, außer dass alles „vor 35 Jahren“ passiert sei.

„Heute ist kaum noch einer von uns so, wie er mit 16 war“, sinniert er.

Söder bat Aiwanger, 25 Fragen zu beantworten. Der Inhalt der Fragen und Antworten wurde nicht bekannt gegeben. Allerdings sagte Söder in einer Pressekonferenz, anhand des Fragebogens habe es den Anschein gemacht, dass dieser Vorfall für den Vizepräsidenten ein einschneidendes Erlebnis gewesen sei.

In einer an diesem Sonntag veröffentlichten Stellungnahme der Zeitung „Bild am Sonntag“ erklärte Aiwanger, er sehe „keinen Anlass, zurückzutreten oder aus dem Amt entfernt zu werden“.

Aiwanger ist nicht nur stellvertretender Ministerpräsident von Bayern, sondern auch Vorsitzender von Söders Koalitionspartner, den Mitte-Rechts-Freien Wählern.

Kurz nachdem die „Süddeutsche Zeitung“ erstmals darüber berichtet hatte, bestritt Aiwanger die direkte Verantwortung für das Pamphlet – was später auch sein Bruder Helmut bestätigte. Die beiden waren nur ein Jahr alt und besuchten in den 1980er Jahren die gleiche Schule nordöstlich von München.

Einige Tage nach dem SZ-Text entschuldigte sich Aiwanger für mögliche Fehler in seiner Jugend, sagte aber auch, er könne sich an andere Vorwürfe nicht erinnern, etwa daran, in der Schule beim Hitlergruß gesehen worden zu sein.

Er sagte jedoch, dass es ihm „zutiefst leid tue“, wenn seine Handlungen Anstoß erregten.

Er sagte jedoch, die Vorwürfe seien Teil einer politischen Kampagne gegen seine Partei, Wochen vor der für den 8. Oktober geplanten Landtagswahl in Bayern.

Er sagte auch, er halte es für unfair, sich mit langjährigen Kommentaren auseinanderzusetzen und zu argumentieren, dass solche Skandale andere davon abhalten könnten, in die Politik einzusteigen.

Die Bedeutung von Aiwanger

Söders Partei CSU ist mit Abstand die dominierende Kraft in Bayern und der Landesverband der CDU, die Partei der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Siege der CSU gelten in Bayern immer als selbstverständlich. Es bleibt nur abzuwarten, ob die CSU eine Koalition bilden muss, um zu regieren (also eine Mehrheit im Landtag zu haben).

2018 musste die CSU eine Koalition bilden – und dafür entschied sie sich für Aiwangers Partei. Dies führte dazu, dass Aiwanger, ein außerhalb seines Heimatstaates unbekannter Verwandter, Stellvertreter von Söder, einer in ganz Deutschland beliebten Persönlichkeit, und dessen Wirtschaftssekretär wurde.

Eine der Hauptforderungen der Freien Wähler war eine größere lokale Unabhängigkeit von der Zentralregierung in Berlin.

Seit 2008 erreichte die Partei in Bayern mindestens 9 % der Stimmen. Allerdings deutet die jüngste Umfrage darauf hin, dass die Leistung der Partei in diesem Jahr im Vergleich zu den 11,6 % im Jahr 2018 etwas besser ausfallen könnte.

Anke Krämer

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